In der ehemaligen Sowjetunion war das Schachspiel sehr populär. Die kommunistische Partei wollte, nach der Revolution der Bolschewiki 1917, ein besseres Leben für alle schaffen. Nicht nur der Staat als ganzes sollte verändert und modernisiert werden, auch das einzelne Individuum, der sowjetische Staatsbürger, sollte zu Höchstleistungen auf psychisch wie auf physischer Ebene angespornt werden.
„Schach ist Gymnastik fürs Gehirn“ dachte sich Lenin und führte Schach als Volkssport ein. Auch diente es als Mittel gegen den übermäßigen Alkoholkonsum. Schach kann man nicht betrunken spielen. Es wurden Schachschulen gegründet, Turniere veranstaltet und viele junge Talente gefördert. Gute Schachspieler hatten ein hohes gesellschaftliches Ansehen und erhielten viele Privilegien. Sie verdienten am meisten Geld, hatten die schönsten Frauen und die größten Wohnungen. Sie führten ein angenehmes Leben und nahmen das „Spiel der Könige“ sehr ernst. Das zeigt sich schon in der Bezeichnung – im restlichen Europa spielte man „Schach“, auf Russisch erbarmungslos„Schachmatt“ ( играть в шахматы). Unzählige Bücher über Schachtheorien wurden verfasst – allerdings nur auf Russisch. Das hatte zur Folge, dass nach Ende des zweiten Weltkrieges, alle Schachweltmeister fast ohne Ausnahme aus der Sowjetunion stammten. Bis auf den Amerikaner Bobby Fischer, der sich heimlich selbst Kyrillisch beibrachte um die berüchtigte sowjetische Eröffnung studieren zu können.
Nach dem Zerfall der UDSSR hatten die russischen Bürger andere Sorgen als die Weltmeisterschaft. Die großartigen Schachspieler von einst schlossen die Schachschulen, verließen ihre schönen Frauen, ihre hellen Wohnungen und wendeten sich der Politik oder dem dem Alkohol zu. Der amtierende Weltmeister im Schach ist heute bei den Herren der Inder Viswanathan Anand, bei den Damen die Chinesin Xu Yuhhua.